BarriereAlltag #1
Auf dem langen Weg zur Barrierefreien Stadt für alle
Von Jo Rodejohann

Eingangsstufen Senatsverwaltung für Inneres und Sport | 12.07.2013
Am 31.12.2010 lebten in Berlin mehr als 580.000 behinderte und schwerbehinderte Menschen. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt nunmehr 16,91 % und die Anzahl der Menschen mit Behinderung ist seit Dezember 2005 um fast 4 % gestiegen. Jede 6. in Berlin lebende Person ist behindert oder schwerbehindert.
Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderung und ihrer Teilhabe in Berlin. Behindertenbericht 2011

Der Weg zum besonderen Eingang für Rollstuhlfahrende in der Parochialstraße | 12.07.2013
Die gesellschaftlichen Veränderungen und nicht zuletzt der demografische Wandel haben die Forderung nach barrierefreiem Bauen und Transport zu einer zentralen Frage für öffentliche Räume und Gebäude gemacht. Barrierefreiheit wird heute in einem umfassenden Sinne verstanden: Bestimmte Farben oder Schriften sind deutlicher wahrnehmbar als andere, bestimmte Bodenbeläge geben mehr oder weniger Halt, akustische Bedingungen ...

Vor dem eindrücklichen Eingangstor für Rollstuhlfahrende in der Parochialstraße | 12.07.2013
... können die Orientierung leichter machen oder sie erschweren. Nach den Prinzipien des „Design for all“ ist jede gestalterische Maßnahme zum Nutzen aller Menschen - einschließlich der Menschen mit Behinderung - auszurichten. Das bedeutet auch, dass Sonderlösungen für Menschen mit Behinderung tendenziell überflüssig werden.
Das Demografiekonzept für Berlin. Handlungsfeld: Langes Leben in der Stadt: Barrierefreie Stadt für alle (2009)

Die Rufanlagen am besonderen Eingang für Rollstuhlfahrer | 29.08.2013
Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen so errichtet und instand gehalten werden, dass sie von Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Personen mit Kleinkindern über den Hauptzugang barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können.
§ 51,2 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) vom 19.09.2005 zuletzt geändert am 29.06.2011

Gegenüber dem Alten die Eingangsstufen zum Neuen Stadthaus in der Parochialstraße | 29.08.2013
Zum Jahresende 2011 lebten in Deutschland 7,3 Millionen schwerbehinderte Menschen; rund 187 000 oder 2,6 % mehr als am Jahresende 2009. 2011 waren somit 8,9 % der gesamten Bevölkerung in Deutschland schwerbehindert. Als schwerbehindert gelten Personen, denen von den Versorgungsämtern ein Grad der Behinderung von 50 und mehr zuerkannt und ein gültiger Ausweis ausgehändigt wurde. Statistisches Bundesamt: Zahlen & Fakten

Barrierehinweis für Rollstuhlfahrende zum Besuch im Neuen Stadthaus | 12.07.2013
Behinderungen treten vor allem bei älteren Menschen auf: So waren [Ende 2011] deutlich mehr als ein Viertel (29 %) der schwerbehinderten Menschen 75 Jahre und älter; knapp die Hälfte (46 %) gehörte der Altersgruppe zwischen 55 und 75 Jahren an. 2 % waren Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Das berichtet ebenfalls das Statistische Bundesamt. Und hier vorm Neuen Stadthaus beginnt die erste Geschichte aus dem Berliner BarrriereAlltag.

Wegweisung für Rollstuhlfahrende zum Hintereingang des Neuen Stadthauses | 12.07.2013
Wer den Landesseniorenbeirat Berlin (LSBB) oder die Landesseniorenvertretung (LSV) besuchen möchte, muss in die Parochialstraße am U-Bahnhof Klosterstraße. Der aber ist einer von über 70 der 173 U-Bahnhöfe in Berlin, die nicht barrierefrei sind. Auch in das Neue Stadthaus geht es nur über Stufen. Doch an den beiden Haupteingängen findet sich je eine Skizze, wie man zu einem ebenerdig zugänglichen Fahrstuhl im Hinterhof gelangen könne.

Angesagte Eingangssituation zum Hinterhof des Neuen Stadthauses in der Jüdenstraße | 12.07.2013
Wir machen uns auf den langen Weg zum Zugang in der Jüdenstraße und treffen auf eine wahre Karikatur von § 2, 12 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln): Barrierefrei sind bauliche Anlagen, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernisse und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Und werden noch zusätzlich gewarnt: Betreten bei Schnee und Glätte auf eigene Gefahr.

Der Zugang zum Aufzug ins Neue Stadthaus | 12.07.2013
Und hier endete im Juli unser Weg ums Haus, kein Hinweis nirgends, wie weiter. Die Klingel war überklebt. Anfang September kein Container mehr, sonst unverändert. Wenige Tage später die Nachricht, ein Rollstuhlsymbol an der Klingel zeige nun, dass man richtig sei: Natürlich sind wir noch lange nicht am Ziel, aber wir befinden uns ... nach wie vor auf einem guten Weg, der nicht umkehrbar ist, schrieb vor fünf Jahren der Behindertenbeauftragte.

Im Juli: Rückfahrt am Bahnhof Südkreuz - nach Ausfall des Aufzugs | 12.07.2013 | Alle Fotos: Jo Rodejohann
Frage: Allein am Sonntag waren in Berlin 23 Aufzüge defekt. Meist heißt das, dass sie zwei bis vier Monate außer Betrieb sind. Ihre Wartungsverträge sind schlecht. Bahnchef Grube: Die Kritik ist berechtigt. Dass 23 Aufzüge nicht funktionieren, ist nicht akzeptabel. Mein Vater saß im Rollstuhl, ich weiß, wie das ist. Dass unsere Wartungsverträge schlecht sind, kann ich aber nicht bestätigen. | Mehr lesen: Berliner Zeitung, 10.09.2013
Stand: 20.09.2013